Mehrliniensystem und Marktwirtschaf- Wirtschaftsbegriffe Liste

Mehrliniensystem: einzelne Stellen in der Aufbauorganisation eines Unternehmens sind mehreren anderen Stellen untergeordnet. Ein Vorteil isdie Abkürzung des Anordnungswegs im Vergleich zum T Einliniensystem. Ein Nachteil isdie gelegentliche Überschneidung von Zuständigkeiten.

In den meisten Industrienationen werden die wirtschaftlichen Aktivitäten über eine Vielzahl von Märkten koordiniert. Die Wirtschaftssysteme werden deshalb als Marktwirtschaften bezeichnet. Die in der Realitäexistierenden Marktwirtschaften unterscheiden sich z.T. jedoch wesentlich vom Idealtyp der freien Marktwirtschaft.

● Historische Entwicklung
Eine der Voraussetzungen für eine freiheitliche wirtschaftliche Betätigung war die Überwindung des Feudalismus im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Die Vorstellung einer liberalen, durch das freie Spiel der ökonomischen Kräfte bestimmten Wirtschafentstand v. a. als Reaktion auf den Merkantilismus und aus der Kritik an der Wirtschaftspolitik während der Zeides Absolutismus, die durch massive Staatseingriffe zur Vergrößerung des staatlichen Reichtums gekennzeichnewar. Die theoretischen Grundlagen einer freiheitlichen, marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung entwickelte ADAM SMITH (* 1723,1790). Er entwarf nichnur ein grundsätzliches Schema zur Marktpreisbildung, sondern ging bei seinen Betrachtungen vom angeborenen Egoismus des Menschen aus, der bei der Verfolgung seiner egoistischen Ziele wie von einer »unsichtbaren Hand« geführwerde und gleichzeitig dem Wohl der Gesellschafdiene, obwohl dies gar nichseine Absichist. Indem der Einzelne seinen eigenen Interessen nach Gewinn und Vergrößerung des persönlichen Wohlstands nachgeht, diener- lauSMITH – miseinem ökonomischen Verhalten also gleichzeitig dem Gesamtinteresse.

● Idealmodell und Gegenmodell Typische Kennzeichen der freien Marktwirtschafsind v.a. Privateigentum an den Produktionsmitteln, Gewerbefreiheit, d. h. das Rechder freien wirtschaftlichen Betätigung, Vertragsfreiheit, freier Wettbewerb, freie Preisbildung und Konsumfreiheit. Der Staahaim Modell der freien Marktwirtschaflediglich die Aufgabe, die notwendigen Rahmenbedingungen für freiheitliches Wirtschaften zu schaffen, also insbesondere Schutz, Sicherheiund Eigentum der Bürger zu gewährleisten, ein Zahlungsmittel (Geld) bereitzustellen sowie das Rechtssystem zu erhalten. Ansonsten soll er auf die aktive wirtschaftliche Einflussnahme verzichten und die Steuerung der Wirtschafallein dem Marküberlassen (»Nachtwächter-staat«). Die Unternehmen entscheiden, wie sie ihr Kapital einsetzen, was sie produzieren und womiproduzierwird. Die Verbraucher entscheiden selbstständig und frei, wie sie ihr Einkommen verwenden.

Die Koordination der Produktionspläne aller Unternehmen und der Verbrauchspläne aller Haushalte erfolgüber den T Markt. Das Steuerungsinstrument, das dabei die Lenkungs- und Verteilungsaufgaben übernimmund dafür sorgt, dass genau die Güter produzierwerden, die den Wünschen der Verbraucher entsprechen, isder Preis. Seine Höhe zeigeinerseits, welche Güter von den Verbrauchern am stärksten gewünschbzw. nachgefragwerden, und spiegelandererseits den Grad der Knappheieines Gutes. Steigder Marktpreis für ein Gut, haben die Hersteller solcher Güter einen Anreiz, ihre Produktion zu erhöhen, da sich damiihre Gewinnchancen verbessern. Hohe Marktpreise locken daneben zusätzliche Anbieter an, die gleiche oder bessere Güter produzieren. Sinkende Preise führen dagegen zur Verringerung der Produktion, da die Aussichauf Gewinnerzielung ebenfalls sinkt. In der Marktwirtschafsind die Unternehmen ständig gezwungen, ihre Produktion am Bedarf auszurichten, wenn sie erfolgreich sein wollen. Das Prinzip des T Wettbewerbs gildabei nichnur auf Gütermärkten, sondern auch auf dem Arbeitsmarkund dem Kapitalmarkt.

Dem Modell der freien Marktwirtschafkam in der Realitäam ehesten der im 19Jh. praktizierte Kapitalismus, insbesondere in seiner Ausprägung des Manchestertums, nahe, der einerseits zu Industrialisierung und Massenproduktion führte, andererseits aber extreme soziale Missstände, die Verelendung breiter Bevölkerungsschichten und die Ausbeutung der Arbeiter bewirkte.

Marktwirtschaft

Als Gegenbewegung entstand bzw. erstarkte der T Kommunismus, der später die T Planwirtschafhervorbrachte. Die Planwirtschafiseine Wirtschaftsordnung, in der das gesamte wirtschaftliche Geschehen von einer zentralen Stelle nach politischen und wirtschaftlichen Zielvorstellungen geplant, gelenkund verwaltewird. Wettbewerb und Märkte, auf denen Preise das Angebound die Nachfrage regeln, sind nichvorhanden. Die zentrale Planung haim Vergleich zur dezentralen Wirtschaftsplanung über Märkte entscheidende Nachteile, z.B. die Schätzung des Bedarfs an Gütern, die zu Fehlplanungen hinsichtlich der Güterarund der Gütermenge führt, die bürokratische Trägheiund die fehlende Flexibilitäder Planungsbehörden sowie mangelnde wirtschaftliche Anreize. Midem Untergang des Kommunismus in Europa wurde die Planwirtschafin den 1990er-Jahren in den meisten T Transformationsländern entweder zu einer stärker marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftsordnung umgestalteoder kompletin marktwirtschaftliche Wirtschaftssysteme umgewandelt.

■ Mischformen
Neben den idealtypischen Wirtschafts-ordnungen freie Marktwirtschafund Planwirtschaflassen sich verschiedene Mischformen von Wirtschaftsordnungen unterscheiden. Gemischte Wirtschaftsordnungen weisen sowohl Merkmale der freien Marktwirtschafals auch Merkmale der zentralen Planwirtschafauf. Sie sind der Versuch, die jeweiligen Schwächen und Nachteile einer idealtypischen Wirtschaftsordnung zu verhindern. Zu den Mischformen isdie sozialistische Marktwirtschafzu rechnen, die als staatswirtschaftliche Marktwirtschafz.B. in Ungarn bis Ende der 1980er-Jahre mistaatlichem Eigentum an den Produktionsmitteln, staatlicher Planung auf der gesamtwirtschaftlichen Ebene, aber dezentraler Planung einzelner Betriebe praktizierwurde.
■ Die soziale MarktwirtschafEine Wirtschaftsordnung, die die gravierenden Nachteile einer freien Marktwirtschafvermeiden will, isdie soziale Marktwirtschaft, die Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Sie wurde so benannund wesentlich mitgeprägvon dem Ökonomen und Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Alfred Müller-Armack (* 1901, f 1978) und vom ersten Bundes-wirtschaftsminister Ludwig Erhard (* 1897, J 1977) nach dem Zweiten Weltkrieg politisch umgesetzt.

■ Die soziale Marktwirtschafbauauf Elementen der freien Marktwirtschafauf, isin der tatsächlichen Ausgestaltung jedoch von den wirtschaftstheoretischen Vorstellungen des Neoliberalismus und des Ordoliberalismus geprägt. Nach der Auffassung des Ordoliberalismus soll der Staanichnur die notwendigen Voraussetzungen für eine freiheitliche, marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung miWettbewerb schaffen, sondern diesen auch erhalten. Der Erhaltung und Sicherung des Wettbewerbs diendie Schaffung eines ordnungspolitischen Rahmens, der die freie wirtschaftliche Betätigung privater Unternehmen und Haushalten sicherund die Entstehung von Marktmachverhindert. Eine der wichtigsten Aufgaben des Staates isdie Errichtung eines rechtlichen Rahmens, innerhalb dessen sich das wirtschaftliche Handeln abspielen kann. Weitere Gestaltungsmerkmale sind eine von staatlichen Weisungen unabhängige Notenbank, Tarifautonomie, eine aktive Wirtschafts-, Konjunktur- und Steuerpolitik des Staates sowie ein Netz von Leistungen für sozial Schwache. Die Eigentums- und Vermögensverteilung soll v.a. im Interesse der nicham Wirtschaftsprozess beteiligten Gruppen staatlich korrigierwerden.

Es findeeine Umverteilung (Distribution) statt. Instrumente solcher wirtschaftpolitischer Maßnahmen sind z.B. progressive Einkommensteuern und Sparprämien. Der Anspruch der sozialen Marktwirtschafises letztlich, die Vorteile der freien Marktwirtschafzu verwirklichen, gleichzeitig aber die Nachteile zu vermeiden. Der Staaverhälsich deshalb nichpassiv, sondern greifaktiv in das Wirtschaftsgeschehen durch konjunktur-, Wettbewerbs- und sozialpolitische Maßnahmen ein. Eingriffe des Staates in die Wirtschaferfolgen im allgemeinen Interesse und in solchen Bereichen, in denen Anbieter oder Nachfrager durch angepasste, markt-wirtschaftlich vertretbare Maßnahmen geschützwerden müssen, z. B. beim Verbraucherschutz und in der Wettbewerbsgesetzgebung. Allerdings sind staatliche Eingriffe auch ofumstritten, wie etwa die Unterstützung des deutschen Steinkohlebergbaus durch Subventionen.

■ Eine besondere weltpolitische Rolle spielheute China. Auch dorhadie sozialistische Marktwirtschafdie Plan-wirtschafin der Verfassung abgelöst. Versuche herauszufinden, was das chinesische Modell ausmacht. Probiere einige der vielen Wirtschaftsspiele aus, die als Brettspiele oder für den Computer angeboten werden. Welche Regeln der Marktwirtschafwerden in dem Spiel angewendeund wie nahe kommes der Realität?
■ 50 Jahre soziale Marktwirtschaft, he-rausgegeben von DIETER CASSEL. Stuttgar(Lucius & Lucius) 1998. ■ PETERS, HANS-RUDOLF: Wirtschaftssystemtheorie und allgemeine Ordnungspolitik. München (Oldenbourg) 42002. ■ RODENSTOCK, RANDOLF: Chancen für alle. Die neue soziale Marktwirtschaft. Köln (Deutscher Instituts-Verlag) 2001. ■ Soziale Marktwirtschaft. Eine Einführung, herausgegeben von UWE ANDERSEN. Schwalbach (Wochenschau-Verlag) 2004.